Der Thronsaal von Schloss Neuschwanstein

Ludwig II. von Bayern und sein Verständnis vom Gottesgnadentum

Kein Ort, kein Raum in den Schlössern König Ludwig II. von Bayern könnte sinnbildlicher für das Schicksal und die Intentionen dieses bayerischen Monarchen sein als der Thronsaal von Schloss Neuschwanstein.

In der Entwicklungs- und Baugeschichte des Thronsaals von Schloss Neuschwanstein und im Saal selbst verdichtet sich auf einmalige Weise die Entwicklung eines Menschen, der seit seiner Geburt im Jahre 1845 immer wieder Rätsel aufgab und als „Märchenkönig" in die Geschichte eingegangen ist.

Im byzantinischen Stil von 1879 bis 1887 erbaut, symbolisiert dieser zweigeschossige sakrale Raum die Vorstellung Ludwig II. von einem Königtum von Gottes Gnaden. Ein Königtum, das er in der realen Politik einer konstitutionellen Monarchie nicht verwirklichen konnte. Ludwig II., der von 1864 bis 1886 regierte, entwickelte im Verlauf seiner Regentschaft ein übersteigertes Majestätsbewusstsein, das auch architektonisch in allen Schlössern und Bauprojekten des Bayernkönigs seinen Ausdruck finden sollte.

Mit Schloss Neuschwanstein wollte Ludwig II. zudem eine Gralsburg errichten und dieser mit dem Thronsaal ein Zentrum geben. Der mit dem Gral verbundene Erlösungsgedanke steht auch in unmittelbarem Zusammenhang mit den Schuldgefühlen, die der König wegen seiner latenten Homosexualität hatte. Der Gral, in der Dichtung des Mittelalters ein wunderbringender Stein bzw. eine Schale, in der Jesu Christi Blut aufgefangen wurde, war zugleich Thema der 1882 uraufgeführten Oper „Parsifal" von Richard Wagner, deren Entstehung Ludwig - der Mäzen des Komponisten - intensiv verfolgte.

Welche materielle Vorstellung der König von der Beschaffenheit des Grales hatte, lässt sich in entsprechenden Darstellungen der Geschichte des Gralshüters Parsifal und dessen Sohn Lohengrin in Neuschwanstein feststellen: Ludwig II. ließ als Gral eine Schale bzw. einen Kelch (meist in Verbindung mit der Heiliggeisttaube) malen. Noch wichtiger für den König war aber der Raum um den Gral, der Aufbewahrungsort des Heiligtums. Den Briefen Ludwigs an Richard Wagner ist eine häufige Nennung der Gralsburg bzw. der Burg Montsalvat zu entnehmen, was auf das besondere architektonische Denken des Königs hindeutet: das vom König gewollte aktive Handeln setzte einen Raum voraus: so sind alle Schlösser Ludwig II. als gebaute Bühnen zu verstehen. Die (fiktive) Begeh- und Erlebbarkeit eines Raumes war entscheidend, nur in der Dreidimensionalität der (fiktiven) Architektur konnte der König die von ihm selbst gewählte Rolle täuschend echt „leben". Die von ihm ersehnte Erlösung und Sühne war nur in einem Raum zu vollziehen. Für Ludwig II. liegt in der imaginären Erlösungsstätte die besondere Bedeutung des Thronsaales auf Schloss Neuschwanstein. 

 

TitelDer Thronsaal von Schloss Neuschwanstein.
König Ludwig II. und sein Verständnis vom Gottesgnadentum 
Autor/Hg.Spangenberg, Marcus
ISBN978-3-7954-1225-8 
SpracheDeutsch
Umfang64 Seiten
VerlagSchnell + Steiner
Jahr1999
Preisleider vergriffen
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Kritiken und Pressestimmen zum Buch

„Ein instruktiver Beitrag zur König-Ludwig-Literatur."
Bayerischer Rundfunk (München), 26. Juni 1999

„Dieser Kunstführer ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Kunstgeschichte und nicht zuletzt ein Schlüssel zur Persönlichkeit Ludwigs II."
Buchprofile (München), September 2000

„Mit akribischem Blick führt Marcus Spangenberg durch den Saal, aber auch hinter die Kulissen in die profane Welt zu technischen Besonderheiten. Ein erstklassig bebildertes Buch."
Bayerische Staatszeitung (München), 30. Juli 1999

„Märchenkönig ganz modern."
tz (München), 10. August 1999

„Im Unterschied zu anderen Publikationen über den König und sein Märchenschloß zeichnet sich diese Monographie durch gründliche Recherche, gut aufbereitetes Fachwissen und eine spannende, kluge Kommentierung aus."
Der Neue Tag (Weiden), 8. September 1999

„Marcus Spangenberg gelingt es, die vom Märchenkönig ausgehende Faszination zu vermitteln."
Wochenblatt (Regensburg), 29. Dezember 1999

„Doch was ist das Besondere dieses von 1869 bis 1886...erbauten Schlosses [Neuschwanstein]...? Eine mögliche Antwort gibt diese Publikation."
Reichenhaller Tagblatt, 23./24. Oktober 1999

„In seinem reich bebilderten Buch ... befasst sich [der Autor] mit der Architektur, der Baugeschichte und der Ausstattung [des Thronsaales], dessen Entstehung beispielhaft ist für die Errichtung des gesamten Schlosses. Vor allem die Diskrepanz zwischen der Rückwendung des Bauherrn in die Vergangenheit bei gleichzeitiger Inanspruchnahme modernster Techniken wird im Text hervorgehoben."
Luxemburger Wort/Die Warte (Luxemburg), 17. Mai 2001

„Umfangreiches und qualitativ gutes Bildmaterial begleitet den flüssig und leicht geschriebenen Text."
www.koenig-ludwig.org, Februar 2000